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Fotos vom Pressegespräch der ÖDG am 17.6. unter diesem FotoLink
FOTO v.l.: Prim. Univ.-Prof. MR Dr. Peter Fasching, MBA, Präsident der ÖDG, Wien, Univ.-Prof. Dr. Harald Sourij, MBA, Stellvertretender Vorsitzender der ÖDG, Graz, Priv.-Doz. Dr. Gersina Rega-Kaun, Erste Sekretärin der ÖDG, Wien, Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi, Past President der ÖDG, Linz
(c) fotodienst / Anna Rauchenberger
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Prim. Univ.-Prof. MR Dr. Peter Fasching, MBA, Präsident der ÖDG, Wien
Copyright: Wild und Team Salzburg
Univ.-Prof. Dr. Harald Sourij, MBA, Stellvertretender Vorsitzender der ÖDG, Graz
Copyright: Sissy Furgler
Prävention und Früherkennung von Diabetes mellitus – wie steht es um Österreich?
Wien, 17. Juni 2025 – Lange Zeit fehlten in Österreich belastbare Daten zur Verbreitung von Diabetes mellitus und dessen Vorstufen. Nun liegen erstmals Ergebnisse groß angelegter Auswertungen vor – darunter über 6,5 Millionen Nüchternblutzuckerwerte aus der Gesundenuntersuchung sowie aktuelle Prävalenzdaten aus Hausarztpraxen und Spitälern. Diese neue Evidenz zeigt deutlich, wie hoch die Dunkelziffer nicht diagnostizierter Diabetesfälle ist – und unterstreicht die Dringlichkeit frühzeitiger Erkennung und gezielter Prävention.
Stille Epidemie
In einer der bislang größten Studien ihrer Art haben Forscherinnen und Forscher aus Oberösterreich systematisch den Blutzuckerwert (HbA1c) von über 3000 erwachsenen Krankenhauspatient:innen untersucht. Das Ergebnis ist alarmierend: Mehr als jeder zweite Patient (51,5 %) litt an Diabetes oder einer Vorstufe davon – teilweise ohne es zu wissen.
„Diese Zahlen zeigen, dass wir es mit einer weitgehend unerkannten Epidemie zu tun haben“, erklärt Studienleiter und Past-President der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG), Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi. „Besonders alarmierend ist, dass viele der Betroffenen nichts von ihrer Erkrankung wussten – erst im Zuge der stationären Aufnahme wurde der Diabetes festgestellt.“
Durchgeführt wurde die Untersuchung an drei Krankenhäusern in Linz und Gmunden. „Insgesamt 27,8 % der Patientinnen und Patienten hatten manifesten Diabetes, bei weiteren 23,7 % fanden wir sogenannte Prädiabetes-Werte“, erklärt Autor Clodi. Besonders häufig betroffen waren ältere Menschen: In der Altersgruppe zwischen 70 und 79 Jahren hatte sogar über ein Drittel der Patient:innen Diabetes.
Besonders besorgniserregend: Bei 73 Patient:innen wurde der Diabetes erst im Rahmen des Krankenhausaufenthalts entdeckt. „Diese Menschen kamen wegen ganz anderer Beschwerden, etwa wegen Herzproblemen oder Infektionen. Niemand wusste, dass sie auch Diabetes haben“, betont Clodi.
„Diese Daten sind ein Weckruf“, kommentiert ÖDG-Präsident Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Fasching. „Wenn mehr als die Hälfte aller Krankenhauspatient:innen von einer Zuckerstoffwechselstörung betroffen ist – teilweise ohne es zu wissen – zeigt das den enormen Handlungsbedarf. Die flächendeckende Bestimmung des HbA1c-Wertes bei Spitalsaufnahmen muss zur Routine werden, wenn wir Versorgungslücken schließen und Folgeerkrankungen verhindern wollen.“
Herzerkrankungen häufig mit Diabetes verknüpft
Die Studie zeigt auch einen engen Zusammenhang zwischen erhöhtem Blutzucker und anderen Erkrankungen: Herzschwäche, Bluthochdruck und Gefäßverkalkungen waren bei Menschen mit Diabetes oder Prädiabetes deutlich häufiger. „Das zeigt, wie wichtig eine frühzeitige Diagnose ist, da diese Erkrankungen durch Diabetes mitverursacht werden“, betont Clodi.
Angesichts dieser Daten fordert die ÖDG die routinemäßige Bestimmung des HbA1c-Wertes bei allen Krankenhausaufnahmen. Dieser Langzeitblutzuckerwert kann frühzeitig Hinweise auf Diabetes oder Prädiabetes liefern – kostengünstig und zuverlässig.
Hohe Dunkelziffer
In einer Untersuchung der Österreichischen Diabetesgesellschaft (ÖDG) wurden nun knapp 6.5 Millionen Nüchternblutzuckerwerte aus der Vorsorgeuntersuchung von den Jahren 2017-2023 untersucht und mit einer weiteren Studie der ÖDG , der AUSTRO-PROFIT Studie, die in Allgemeinmedizinischen und internistischen Ordinationen in ganz Österreich durchgeführt wurde, verglichen. Diese zeigt, dass 7 % der Teilnehmer:innen an bekanntem Typ-2-Diabetes leiden, während 3 % bislang unentdeckten Diabetes aufwiesen. Prädiabetes wurde bei rund 20 % festgestellt.
„Dass 3% der erwachsenen Bevölkerung, die eine Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen, von einem unerkannten Diabetes mellitus betroffen sind, ist alarmierend und unterstreicht die Wichtigkeit von Blutzuckerbestimmungen insbesondere bei Risikopersonen, wie etwa jenen mit Übergewicht“, berichtet der Leiter der Studiengruppe und President elect der ÖDG, Univ.Prof. Dr. Harald Sourij von der MedUni Graz.
Diese Daten sind insbesondere von Relevanz, da bereits frühzeitig bei Menschen mit Typ 2 Diabetes Komplikationen auftreten können, wie Gefäßerkrankungen oder Nervenstörungen. Daten aus der AUSTRO-PROFIT Studie zeigen weiters, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität auch bei Menschen mit undiagnostizierten Zuckerstoffwechselstörungen reduziert ist.
Fokus auf Früherkennung
Die Österreichische Diabetes Gesellschaft hat die Studien maßgeblich unterstützt und sieht sich in ihrer Rolle als wissenschaftliche Gesellschaft bestätigt: Forschung, Früherkennung und Prävention müssen weiter gestärkt werden. „Gerade in der breiten Versorgung durch Hausärzt:innen müssen wir den Fokus verstärkt auf die frühzeitige Erkennung von Diabetes legen“, betont Priv.-Doz. Dr. Gersina Rega-Kaun, erste Sekretärin der ÖDG und liefert weitere Daten, die das begründen: „Wie neueste Daten aus Dänemark zeigen, entwickelt jeder 5. Mensch mit Prädiabetes in den nächsten 5 Jahren einen Diabetes. Bereits die vielzitierte Diabetes Prevention Program (DPP)-Studie mit 3.234 Teilnehmenden zeigte, dass Lebensstilveränderungen – also Gewichtsreduktion von mindestens 7 % und mindestens 150 Minuten Bewegung pro Woche – das Risiko für eine Diabetesmanifestation um 58 % senken können. In derselben Studie reduzierte Metformin das Risiko um 31 % im Vergleich zu Placebo.“
Neue Medikamente reduzieren Progression
Im Fokus stehen derzeit neue Medikamente, die beim Abnehmen helfen und den Blutzucker regulieren – sogenannte Inkretine, die Mono GLP-1- und duale GLP1/GIP-Rezeptoragonisten. In der SCALE-Studie (n=3.731) führte Liraglutid zu nachhaltiger Gewichtsabnahme und normoglykämischen Remissionen. In den STEP 10- (n=207) und SELECT-Studien (n>17.000) zeigte Semaglutid ähnliche Ergebnisse. Besonders eindrucksvoll waren die Ergebnisse der SURMOUNT-1-Studie mit Tirzepatid: Nach 176 Wochen konnte die Progression zum Typ-2-Diabetes um 93 % reduziert werden – begleitet von einer signifikanten Gewichtsabnahme und Verbesserung kardiometabolischer Parameter. Allerdings kam es nach Absetzen der Medikation zu einem Rückgang der positiven Effekte, was auf die Notwendigkeit einer langfristigen Therapie bei Hochrisikopatient:innen hinweist.
Die aktuellen Daten belegen: Österreich steht vor einer großen Herausforderung – aber auch vor der Chance, durch gezielte Vorsorge und strukturierte Früherkennung langfristig gesundheitliche und ökonomische Schäden zu vermeiden.
Über die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG)
Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) ist die ärztlich-wissenschaftliche Fachgesellschaft der österreichischen Diabetes-Experten:innen. Ordentliche Mitglieder der Gesellschaft sind Ärzt:innen und wissenschaftlich einschlägig orientierte Akademiker:innen. Assoziierte Mitglieder sind Diabetesberater:innen und Diätolog:innen. Die Österreichische Diabetes Gesellschaft sieht es als ihre Aufgabe, die Gesundheit und Lebensqualität von Menschen mit Diabetes mellitus zu verbessern. Sie setzt sich daher für die Anliegen der Betroffenen ein. Sie fordert und fördert die stetige Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus. Sie unterstützt die Forschung und verbreitet wissenschaftliche Erkenntnisse aller den Diabetes berührenden Fachgebiete sowohl zur Verbesserung der medizinischen Betreuung als auch zur bestmöglichen Vorbeugung von Neuerkrankungen.
Informationen über die Aktivitäten der ÖDG finden Sie unter www.oedg.at
Rückfragehinweis:
Public Health PR
Mag. Michael Leitner, MAS
Tel.: 01/60 20 530/91
Mail: michael.leitner@publichealth.at
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